Die fünf Ethikbezugnahmen

Edition Psychotherapie und Zeitgeschichte

Moderne Erziehung zur Hörigkeit?

Die Tradierung strukturell-faschistischer Phänomene in der evolutionären Psychologieentwicklung und auf dem spirituellen Psychomarkt.
Ein Beitrag zur zeitgeschichtlichen Introjektforschung in drei Bänden.


Die fünf Ethikbezugnahmen

Die wichtigsten ethischen Eckpfeiler der Studie sind:
  1. Die psychotherapeutische Ethik (kurativ-ethische Strukturperspektive); siehe auch unter Vorträge, Beiträge von Kollegen.
  2. Die demokratisch verbürgten Grundwerte und -rechte sowie das wache Interesse an der Erhaltung der Möglichkeiten, einen Diskurs im respektvollen Miteinander führen und im Miteinander entwickeln zu können (normativ-ethische und emanzipative Strukturperspektive);
  3. Ein offenes, wertegebundenes und Leben würdigendes Menschen-, Welt- und Gottesbild wie es aus der kritischen Auseinandersetzung mit der Entwicklung von Kapitalismus, Faschismus und Nationalsozialismus und deren mehrwert- und herrschaftsfixierten Verwertungs-, Instrumentalisierungs- und Selektionsbezug auf immer mehr Menschen und ihre Lebenszusammenhänge entstanden war. Deshalb ist dieser Ethikbezug in erster Linie an Mitmenschlichkeit bzw. Mitgeschöpflichkeit orientiert (empathisch-ethische, Leben bzw. Lebensstrukturerhalt respektierende Strukturperspektive);
  4. Die Abgrenzung von einem Erziehungsanspruch gegenüber erwachsenen Menschen (pädagogisch-ethische Strukturperspektive);
    Dies ermöglicht eine grundlegende Abgrenzung von Ansätzen, die eine strukturelle Nähe
    1. zu Elementen aus totalitären Ideologien und Glaubensausrichtungen;
    2. zu deren Verinnerlichungsmodalitäten (Verführungsstil, ganzheitlicher Umerziehungsanspruch etc.);
    3. zu deren Art und zum Ausmaß ihrer Einbindungsdichte aufweisen. Hierbei wird auf Totalitätsbezugnahmen und deren Ausgestaltung in Form eines evolutionär-operationalen Verwertungs-, Vereinnahmungs-, Umgestaltungs- und Abwehrmodus
      • im Kontext eines gestalttheoretisch und paradigmenwechselorientierten Evolutions- / Höherwertigkeitsstrebens,
      • im Kontext eines neugnostischen Entwicklungs-, Führungs- und Absolutheitsanspruchs,
      • im Kontext eines dementsprechenden Hingabe-, Opfer bzw. Unterwerfungs- und Selektionsanspruchs sowie
      • im Kontext einer auf Grenzauflösung und Autoritätsfixierung zielenden "Arbeit am Ichkern" oder "Ego" mit traumanaher Ichfragmentierung im evolutionär-typologischen Beziehungs- und Gruppenmodus etc. gezielt.
    Dieser hermeneutisch-pragmatische Ethikbezug auf die untersuchten Sozialisationsfelder soll hierbei auch gewährleisten, dass im Projekt- bzw. im psychagogischen oder psychologischen Praxeologiefeld kritisch reflektiert werden kann, ob der Respekt gegenüber der gewachsenen Identität der hilfesuchenden Person und die Würdigung ihrer lebensgeschichtlichen Integrität in den von ihr angestrebten Veränderungsbereichen tatsächlich aufrecht erhalten bleibt und dies auch im Weiterqualifizierungsbereich ausreichend ernst genommen wird;
  5. Das Ernstnehmen einer auf reale Geschichtsprozesse bezogenen und diese Prozesse kritisch reflektierenden Ethik und die bewusste Bezugnahme auf ein gesellschafts- und wissenschaftsethisches Kontinuum (Habermas 2001) durch die Pädagogik-, Psychagogik- und Psychologiebezugnahme selbst; Dies ist durch die methodische Ankerung in einer philosophischen Tradition möglich (Flitner 1958), die dem Erhalt der menschlichen Lebensgrundlagen, der Gleichwertigkeit der Menschen bzw. den demokratischen Grundwerten und dem Ernstnehmen der Menschenrechte verpflichtet bleibt (am zivilisatorischen Wertekontinuum orientierte Strukturperspektive); siehe unter Vortrag Bausteine.

    Letzteres ermöglicht eine engagierte Bezugnahme auf die aktuelle Gesellschaftssituation (Flitner 1958), ohne darüber selbst einem programmatischen Anspruch und damit verknüpften Instrumentalisierungsbezug anheim zu fallen.

Diese fünf Ethikbezugnahmen sichern die strukturanalytischen Bewertungsgrundlagen, welche in die Erörterung der Tradierungsthesen und der Gefahren eingehen, die von den untersuchten Projektfeldern und Evolutionsmissionen für Mensch und Gesellschaft ausgehen können und machen diese transparent.

Sie ankern den strukturanalytischen Feldforschungsansatz auch in seinen Methoden ethisch. Dies ist wichtig, damit dieser in seinem strukturellen Phänomenologiebezug theoretisch weiterführend angelegt und gemäß den strukturell-phänomenologisch relevanten Kategorien interdisziplinär offen bleiben kann. Hierfür wird die Strukturfaktorenanalyse in ihrer Forschungsanschlussfähigkeit gegenstandsverankert und wissenschaftstheoretisch eingegrenzt, mit ihren wissenschaftlichen Forschungsanschlüssen dargelegt und theoretisch durchgeführt (Band 3, V.).

Dies sichert die wissenschaftlichen und ethisch-philosophischen Grundlagen (Flitner) für die Auseinandersetzung mit dem untersuchten Psychomarktfeldspektrum auf interdisziplinärer Ebene. Und das stellt einen ausreichend deutlich dargelegten Zugang sicher, um die in den Projektfeldern als analoge Strukturelemente gesichteten, evolutionär-ideologischen Bewusstseinsbildungsphänomene mit Hilfe weiterer Strukturperspektiven hinsichtlich der Tradierungsthesen auch in Zukunft sichten, erörtern und bewerten zu können (Band 3, S. 29 - 32, 49 - 88).
Hierzu wurde versucht, das Interesse an einem Wertekontinuum im humanwissenschaftlichen Forschungs- und Praxiskontext themenspezifisch angemessen zu formulieren (Band 3, S. 27 f; "wissenschaftsethische Strukturperspektive"); siehe auch unter Vorträge.

Zusammenfassung

Die fünf Ethik-Säulen der Studie sorgen für die Einlösung der bereits im ersten Band der Studie geforderten kritischen und kurativ-ethischen Distanzwahrung, die für die Bezugnahme auf die Gesellschaftssituation stets aufrechterhalten bleiben muss, um die untersuchten, strukturellen Wirk- und Veränderungsphänomene überhaupt wahrnehmen zu können (Band 1, S. 27 ff). Diese ethischen Bezugnahmen machen die für den untersuchten strukturell-faschistischen Tradierungskontext relevanten Bewertungsgrundlagen transparent und ankern die methodischen Grundlagen der Strukturanalyse in einem dem Thema angemessenen humanwissenschaftlichen Zeitgeschichtsbezug. Der Ethikbezug ist insgesamt auf den Erhalt der menschlichen Entwicklungs- und Lebensgrundlagen sowie auf das Bestehenbleiben der Gleichwertigkeit der Menschen ausgerichtet, denn er orientiert sich an einem Ernstnehmen der demokratischer Grundwerte und der dort formulierten Menschenrechte.

Diesem komplexen Bewertungsbezug dient eine
  1. kurativ-ethische Strukturperspektive
  2. normativ-ethische und emanzipativ auf die Verlebendigungsnotwendigkeit von Demokratie ausgerichtete Strukturperspektive
  3. empathisch-ethische, Lebens- bzw. Lebensstrukturerhalt einfordernde Strukturperspektive
  4. pädagogisch-ethische Strukturperspektive (Würdigung von Identität und lebensgeschichtlicher Integrität)
  5. wissenschaftsethische Strukturperspektive, die an einem zivilisatorischen Wertekontinuum im humanwissenschaftlichen Forschungs- und Praxiskontext orientiert ist.